Rund ein Drittel der Lebensmittel werden in der Schweiz verschwendet. Dies verursacht pro Jahr total 2,8 Mio. Tonnen Food Waste und entspricht 330 Kilogramm und einem Wert von 600 Franken pro Person und Jahr. Diese vermeidbaren Lebensmittelabfälle entstehen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette: Landwirtschaft – Verarbeitung – Handel – Gastronomie – Haushalt.
Die landwirtschaftliche Produktion verursacht 13 Prozent der Umweltbelastung des gesamten Food Waste. Ursachen sind Ernteverluste, Ernteausschüsse oder Unverkäuflichkeit der Waren.
Aufgrund von strengen Normen bestehen insbesondere Produkte wie Gemüse, Obst und Kartoffeln mit Mängeln die Kontrollen der Abnehmer nicht. Weitere Verluste entstehen, wenn Angebot und Nachfrage nicht übereinstimmen. Bei Salat beispielsweise ist sowohl Wachstum wie auch Konsum stark vom Wetter abhängig. So kann es sein, dass die Ernte ganzer Salatfelder durch Unterpflügen vernichtet werden muss.
Die Lebensmittelverarbeitung verursacht 27 Prozent der Umweltbelastung des gesamten Food Waste. Die höchste Verlustmenge entsteht in der knollenverarbeitenden Industrie, beispielsweise mit Schälabfällen bei Kartoffeln, gefolgt von der öl-/kaffee-/kakaoverarbeitenden Industrie. In der milchverarbeitenden Industrie fällt bei der Käse- und Quarkherstellung viel mehr Molke an, als für Ricotta oder Trinkmolke gebraucht wird. Der grösste Teil aller Verluste wird an Tiere verfüttert und bleibt somit im Nahrungsmittelkreislauf. Weitere Verluste werden energetisch oder stofflich in Biogas- oder Kompostieranlagen verwertet.
Der Lebensmittelhandel verursacht 8 Prozent der Umweltbelastung des gesamten Food Waste. Es sind grösstenteils nicht verkaufte Lebensmittel, also vermeidbare Verluste. Die Lebensmittelabfälle werden weggeworfen, an Hilfsorganisationen gespendet, als Tierfutter verwendet und in Biogasanlagen verwertet
Konsum
Die Gastronomie verursacht 14 Prozent der Umweltbelastung des gesamten Food Waste. Das meiste wird Tellerresten und der übermässigen Zubereitung zugeschrieben.
In Schweizer Haushalten werden jährlich rund 1 Million Tonnen Esswaren weggeworfen. Die Haushalte verursachen 38 Prozent der Umweltbelastung des gesamten Food Waste. Die Hauptursachen für den hohen Grad an Food Waste liegen in der geringen Wertschätzung von Lebensmitteln und dem mangelnden Wissen über Haltbarkeit. Lebensmittel sind heute vergleichsweise günstig. Während im Jahr 1919 rund 39 Prozent des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben wurden, sind es heute noch weniger als 7 Prozent.
Klima
Die Ernährung verursacht in der Schweiz je nach Datenquelle 20-30 Prozent der Gesamtumweltbelastung. Ein Viertel davon entsteht durch Food Waste. Um die Umweltbelastung verschiedener Produkte zu beziffern, können mit einer Methode der ökologischen Knappheit sogenannte Umweltbelastungspunkte (UBP) berechnet werden. Dabei werden in einer Ökobilanz verschiedene Umweltwirkungen wie Schadstoffemissionen und Ressourcenverbrauch gewichtet.
Nicht jedes weggeworfene Lebensmittel verursacht die gleich grosse Umweltbelastung. Tierische und verarbeitete Produkte sind in der Regel schlechter für die Umwelt. Umso wichtiger ist ein sorgfältiger Umgang mit Produkten, die viele UBP haben. Mit jedem weiteren Schritt in der Wertschöpfungskette nimmt die Umweltbelastung zu. Dies weil zur Verarbeitung eines Produktes weitere Ressourcen aufgewendet werden.
Die Klimawirkung macht einen Teil der gesamten Umweltbelastung aus. Die Klimaeffekte des Food Waste in der Schweiz betragen knapp eine halbe Tonne CO2-Äquivalente pro Person und Jahr. Dies entspricht rund einem Viertel der Klimaeffekte des ganzen Ernährungssystems. Die Klimaeffekte sind besonders hoch bei Frischgemüse, welches im fossil beheizten Gewächshaus produziert wird und bei Produkten, die mit dem Flugzeug importiert wurden.
Zielkonflikte und Handlungsoptionen
Die Anforderungen und Ansprüche an Lebensmittelqualität und -sicherheit sind in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Um Food Waste zu reduzieren, muss auf allen Stufen der Wertschöpfungskette ein Umdenken stattfinden. Es braucht eine Sensibilisierung, wie ein Lebensmittel oder auch Reste verwertet werden können. Durch die Verringerung von Food Waste können wir unseren CO2-Fussabdruck und die Umweltbelastung im Allgemeinen deutlich senken. Nachfolgend einige Handlungsoptionen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette:
Landwirtschaft: technische Lösungen zur Vorbeugung von Witterungseinflüssen, geschützter Anbau, Abnahmevereinbarungen, produktschonende Verpackungen, frühzeitige Kühlkette, Direktvermarktung, Verkauf ab Hof und alternative Absatzkanäle
Verarbeitung und Handel: Lockerung der Qualitätsanforderungen, Schulung des Personals, kürzere/schnellere Lieferketten, Verbesserungen der Logistik, Alternativverwertungen, Spenden, optimierte Packungsgrössen
Gastronomie: Angebotsplanung, Einkauf und Lagerung, Portionierung und Weiterverwendung
Als die mit Abstand grössten Verursacher von Food Waste sind die privaten Haushalte zwingend zum Handeln aufgefordert. Folgende Massnahmen verringern die Verschwendung in den heimischen Küchen:
Einkaufsliste erstellen
Vorratshaltung überblicken
Vorräte in Menüplanung berücksichtigen
Selber kochen anstelle von Industrieprodukten und Fast Food
Mahlzeitengrösse den persönlichen Bedürfnissen anpassen
Schulungen auf allen Bildungsebenen verstärken
Wissen zu Lagerung und Haltbarkeit aneignen und nicht nur blind den Angaben auf der Packung folgen
Rezeptsammlung für Resten-Menüs anlegen
Lokal/regional einkaufen
Nur so viel einkaufen wie konsumiert wird
2022 wurde der «Aktionsplan gegen die Lebensmittelverschwendung» des Bundes verabschiedet mit folgenden Schwerpunkten:
Halbierung der vermeidbaren Lebensmittelverluste bis ins Jahr 2030 gegenüber 2017 durch Definition von Massnahmen wie «Steigerung von Spenden von nicht mehr verkäuflichen Lebensmitteln an gemeinnützige Organisationen», «Verbesserung der Rahmenbedingungen für Lebensmittelspenden» und «Prüfung und Verbesserung der Deklaration der Haltbarkeit»
Branchenübergreifende Vereinbarung mit Unternehmen und Organisationen des Lebensmittelsektors
Reduktion der Umweltbelastung von Food Waste durch Ausgestaltung und Priorisierung der Massnahmen
Diskussion
Ich esse ein Joghurt auch nach dem Verbrauchsdatum noch.
Fragen
Was ist der Unterschied zwischen Verbrauchsdatum und Mindesthaltbarkeitsdatum?
Wie findet man heraus, ob ein Nahrungsmittel noch gegessen werden kann?
Wie vermeide ich Lebensmittelabfälle im eigenen Haushalt?
Welche Nahrungsmittel haben viele Umweltbelastungspunkte?
Was sind die Ursachen von Food Waste entlang der Wertschöpfungskette?
Wer engagiert sich gegen Food Waste und auf welche Art?
Wieso ist Food Waste für Mensch und Umwelt so schlimm?
Woher kommen die hohen Qualitätsansprüche an Produkte?
Wie legitim sind die Ansprüche für makellose Produkte?
CO2-Äquivalent (CO2e oder CO2eq ) CO2-Äquivalente (CO2e) sind eine standardisierte Masseinheit zur Vereinheitlichung des Klimaeffekts der unterschiedlichen Treibhausgase. Emissionen anderer Treibhausgase als Kohlendioxid (CO2), wie Lachgas (N2O) oder Methan (CH4), werden zur besseren Vergleichbarkeit entsprechend ihrem globalen Erwärmungspotenzial in CO2-Äquivalente umgerechnet.
Emissionen Im Zusammenhang mit der Umwelt sind Emissionen die von einer Quelle freigesetzten festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffe in die Atmosphäre, Gewässer und Böden, sowie akustische Belastung, also Lärm. Die Methode der Umweltbelastungspunkte (UBP) bewertet folgende Emissionen: Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan, ozonschichtabbauende Substanzen wie FCKW und Halone, Hauptluftschadstoffe und Partikel, krebserregende Stoffe und Schwermetalle in der Luft, wasserschädigende Substanzen einschliesslich der hormonaktiven Stoffe, Schwermetalle im Wasser, persistente organische Stoffe im Wasser, Pestizide und Schwermetalle im Boden, radioaktive Substanzen in Luft und Wasser, Verkehrslärm, Plastik in Böden und Gewässern [neu].
Food Waste Food Waste sind Lebensmittelverluste: Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr produziert, aber nicht gegessen wurden.
Klimaeffekte Klimaeffekte geben an, wie stark ein Prozess oder ein Produkt zur Klimaerwärmung beiträgt. Die Klimaeffekte sind ein Mass für das Klimaerwärmungspotential der Treibhausgase, welche in die Atmosphäre ausgestossen werden. Sie werden in Form von Kohlendioxid-Äquivalenten angegeben (CO2-eq).
Ressourcen Ressourcen sind eine Quelle, die für eine Handlung benötigt werden. Dabei kann es sich um die erbrachte Arbeit von Mensch und Maschine handeln oder auch um Energie, Knowhow oder um den Boden auf dem etwas gewachsen ist oder natürlicherweise vorkommt. Die Methode der Umweltbelastungspunkte (UBP) bewertet folgende Ressourcen: Wasserressourcen, Energieressourcen, mineralische Primärressourcen, Landnutzung (Verlust an Biodiversität), marine Fischressourcen [neu].
Umweltbelastungspunkte (UBP) Die UBP sind eine Kennzahl für die Gesamtumweltbelastung von Produkten oder Prozessen. Sie berücksichtigen Emissionen, den Verbrauch von Ressourcen und den Anfall von Sonderabfällen.
Wertschöpfungskette für Lebensmittel (Food Chain) Die Wertschöpfungskette beschreibt die Verbindung zwischen den Produzent/innen und Konsument/innen. Sie beinhaltet die Prozesse über alle nötigen Verarbeitungs- und Handelsstufen vom Feld bis zum Teller.
Download
Die Quellenangaben und das Impressum finden Sie im Factsheet.